Dietz Mincal 523
Hersteller: | Dietz Computersysteme |
Typ: | Mincal 523 |
Baujahr: | 1971 |
Technik: | TTL, Transistoren 8 kWorte Kernspeicher à 19 Bit (+1 Paritätsbit) 1280 Worte ROM für Mikrocode und Lader |
Der Mincal 523 ist ein aus heutiger Sicht recht exotischer Rechner. Allein schon die Wortlänge von 19 Bits ist ungewöhnlich, jedoch ist zu berücksichtigen, daß der Rechner als Prozeßrechner konzipiert wurde, und das Verarbeiten von BCD-Werten üblich war. Von den 19 Bits ist das oberste das Vorzeichenbit, so daß mit den verbleibenden 18 Bits 4½ BCD-Ziffern dargestellt werden können (von 0 bis +/-39999).
Das Außergewöhnliche an diesem Rechner zeigte sich uns erst nach und nach während des Reverse-Engineerings (es war praktisch keine Dokumentation vorhanden, und alle Schaltpläne mußten selbst erstellt werden). Die CPU selbst ist recht einfach aufgebaut. Der Rechner besteht aus vielen Platinen mit niedrig integrierten TTL-ICs, wovon drei die eigentliche Steuerung bilden, eine die ALU beherbergt und sechs die Hardwareregister A-F. Der Rest steuert die Interrupt- und Ebenenlogik, als auch den E/A-Teil.
Trotzdem ist der Rechner von den Möglichkeiten sehr leistungsfähig (aber nicht sonderlich schnell). Ermöglicht wird dies durch die Mikroprogrammierung, die einen Haufen Hardwareaufwand einspart auf Kosten der Geschwindigkeit. Das Besondere hieran wiederum ist, daß das Mikroprogramm im normalen Adreßraum des Rechners liegt. Es ist in Form von Folien-ROMs (s. weiter unten) gebaut und wird automatisch bei einem Instruction Fetch angesprochen. Der Opcode des Maschinen-Befehlswortes bildet dabei die Zieladresse innerhalb des Mikroprogramm-ROMs. Es ist aber auch möglich, eigene Mikroprogramm-Routinen zu schreiben und sie im Kernspeicher abzulegen. Es gibt einen Maschinenbefehl, der eine Mikroprogramm-Routine aus dem Kernspeicher ausführt und danach im ROM weitermacht.
Historie
Die Firma Dietz kennt man unter den Computerherstellern überwiegend durch ihr sehr erfolgreiches System 621, das 1971 eingeführt wurde. Ursprünglich stellte das 1951 von Heinrich Dietz gegründete Unternehmen Industrieelektronik her, welches im Laufe der Jahre in die digitale Technik einstieg. Damit war es in bester Gesellschaft mit anderen Unternehmen wie z.B. Digital Equipment oder Hewlett Packard, die ebenfalls mit Steuerungs- und Meßtechnik anfingen und später auf den Computerzug aufsprangen.
- 1951 Gründung der Firma DIETZ Instustrie-Elektronik
- 1957 Einführung der digitalen Technik mit dem relaisgesteuerten Meßwerterfassungssystem ZDE
- 1962 Ablösung des ZDE durch die transistorisierte Anlage COMBIDAT
- 1965 Einführung der MINCAL-Serie
MINCAL 3: frei programmierbarer BCD-Rechner
MINCAL 0 bzw. MINCAL 1: festprogrammierte Rechner (über Diodenmatrix)
Von diesen Rechnern wurden nach Firmenangaben etwa 50 Geräte gebaut. - 1967 Planung des MINCAL 4
Dieser Rechner sollte eine Wortlänge von 25 Bits haben, aber aus Kostengründen wurde die Entwicklung eingestellt. Es zeigte sich nämlich, daß der Kernspeicher mit 26 Bits (inkl. Paritätsbit) außerordentlich teuer würde. - 1968 Einführung der Serie MINCAL 4 mit den Modellen 4E und 4N
Als Kompromiß wurde der MINCAL 4 mit einer Wortlänge von 19 Bits gebaut. Der Kernspeicher von der Firma Valvo war hierfür deutlich günstiger.
Qualitätskontrolle mit MINCAL 4N - 1970 Einführung des MINCAL 5 mit den Modellen 523 und 513
- 1971 Einführung des MINCAL 621 (später in DIETZ 621 umbenannt)
Dietz hatte eine Kooperation mit der französischen Firma Télémécanique, welche den MINCAL 621 in Frankreich als T621 vermarktete.
Umgekehrt wurde der Télémécanique T1600 hierzulande als MINCAL 1600 (bzw. später DIETZ 1600) vertrieben.
mincal 621 (Bj. 1975) mit "dietzdisk" und Kartenleser - 1976 Einführung der dietzdisk als billiger Massenspeicher,
anzusiedeln zwischen Floppy und Wechselplatte.
dietzdisk alias Dynastor FX300
Das ROM des Mincal 523
ROM-Modul des Mincal 523
Aufsicht: Zu erkennen sind 8 Worte mit je 19 Bit. Ein solcher Platinensatz enthält bis zu 64 Folienplatinen mit je 8 Worten zu je 19 Bits, also 512 Worte.
Neun Bits in groß
Jeder Kupferkringel bildet die Primärwicklung eines Transformators, dessen Kern aus dem senkrechten Ferritkern besteht. Wird ein Stromstoß durch die Leiterbahn geschickt, dann wird in der Sekundärwicklung des Trafos, die sich unter der gelben Isolierfolie befindet ein Stromstoß induziert. In den Kernen, an der die Primärwicklung vorbeiführt, wird natürlich nichts induziert.
Die Kerne, die die Bits auslesen, in Schrägansicht
Die papierdünnen Leiterplatten von der Seite
Je 32 Folien befinden sich über und unterhalb der oberen Platinen. Der oben erwähnte Trafo hat also 64 Primärwicklungen.