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Stuttgarter Informatik
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2.2.2000 Neues vom LGP-30
("Nr. 4 lebt")


Der High Speed Papertape Reader (HS-PTR)

Eine genauere Analyse der Störung, die durch den Lochstreifenleser hervorgerufen wurde, ergab folgendes:
Der einzige Befehl, der wirklich funktionierte, war der I-Befehl, also die Eingabe vom Lochstreifenleser selbst. Alle anderen Befehle eines Programms erschienen entweder gar nicht, oder um mehrere Dualstellen versetzt im Befehlsregister. Daraus folgerten wir, daß es sich bei dem Fehler nicht um falsche Datenübertragung, sondern um ein Handshakeproblem handelt, und zwar um ein statisches, weil der Fehler auch dann auftritt, wenn der Lochstreifenleser gar nichts zu tun hat.
Das 'Handshake' bei der Eingabe des LGP-30 ist äußerst rudimentär: Der I-(Input)-Befehl bewirkt, daß der Rechner in eine Art Endlosschleife in seinem Mikroprogramm gerät, wodurch er scheinbar anhält. Jedes Zeichen, das darauf vom angeschlossenen Gerät kommt, wird mit einem eigenen Zeichentakt von rechts her in den Akkumulator geschoben. Liest das Eingabegerät den Stopcode ', dann wird mit einem anderen Takt die Mikroprogrammendlosschleife verlassen, der Rechner also wieder gestartet, und die in den Akku geschobenen Zeichen können verarbeitet werden.1
Ganz offensichtlich war nun ein Signal, welches in die Mikroprogrammschleife des Rechners eingreift, fehlerhaft und bewirkte ein falsches Timing in der Phase, in der der Befehl aus dem Speicher ins Befehlsregister geholt wird.

Es gibt nur einen I-Befehl im Befehlssatz des LGP-30, der sowohl für den Friden Flexowriter, als auch für den HS-PTR verwendet wird. Die Unterscheidung zwischen beiden Geräten geschieht durch einen vielpoligen mechanischen Drehschalter. Dieser Drehschalter schaltet sowohl die zweimal 6 Datenkanäle (jeweils logisch komplementär) um, als auch die drei Taktleitungen.

Durch Vergleich der Pegel an diesen Taktleitungen fanden wir eine heraus, die beim Anschalten des HS-PTR ein etwas erhöhtes Potential hatte. (+0,5V anstelle 0,1V). Versuchsweises Kurzschließen der Leitung führte dazu, daß der Rechner richtig funktioniert. Der Austausch der Klemmdiode am Ausgang des entsprechenden Treibers im Lochstreifenleser brachte den Erfolg: Der Leser funktioniert jetzt wieder.

Anmerkung für die Elektriker:
Die Röhren im LGP-30 werden bis auf eine Ausnahme mit zwei Betriebsspannungen versorgt: +150V gegen Masse (Anodenspannung), sowie -160V gegen Masse (Katodenspannung). Klemmdioden an den Ausgängen der Flipflops, Inverter und Katodenfolger sorgen dafür, daß der Spannungshub zwischen ca. 0V (Massepotential) und -20V (am Logicboard) bzw -50V begrenzt wird. Genau eine dieser Klemmdioden hatte wohl eine etwas zu hohe Flußspannung, was zu dem oben beschriebenen Fehler führte.

Nachträgliche Ergänzungen:
1 Der LGP-30 besitzt kein Mikroprogramm, sondern ist festverdrahtet. Bei einem I-Befehl hält er tatsächlich an und kann nur durch Druck auf die Start-Taste oder dem entsprechenden Start-Signal vom Lochstreifenleser gestartet werden.